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AutorenbildEmma Wörz

Die Klimakrise - eine Chronologie des Versagens

Tausendmal berührt, tausendmal ist nix passiert. Das alte Partylied kennt wohl fast jeder. So oft man als Freundeskreis mal Vermutungen aufgestellt hat, die beiden Verliebten brauchten ewig, um es selbst zu verstehen. Erschreckend ist, dass es sich auch auf die Klimakrise übetragen. Während in der Liebe gilt: Jeder in seinem Tempo und das auch gut so ist, ist dieses Motto in der Klimapolitik desaströses Dauerprogramm.

Seit Jahrzehnten warnen KlimawissenschaftlerInnen vor einer katastrophalen Zukunft. Tausend Mal gewarnt und tausendmal ist nix passiert. Und was ist, wenn es bei Tausend und eins Boom macht und wir an einem point of no return stehen?

Dieser Text stellt die Chronologie des Versagens von Regierungen weltweit in der Klimapolitik dar, versucht Gründe zu finden, warum Ziele und Handeln soweit auseinanderklafffen in der Klimapolitik und kommt zu einem erschreckenden Fazit.

Wenn man die aktuelle Lage der Klimapolitik analysieren will, muss man zunächst sich die Leitfragen überlegen.

Was ist das Problem? Wo findet dieses statt? Wer sind die Verantwortlichen? Was wird dagegen getan? Wann wusste man wie viel und was waren die Empfehlungen? Wem nützt es, dieses Gegensteuern zu verhindern?

Immer langsam mit den jungen Pferden. Worum geht es? Um den Klimawandel, das größte Problem, das die Menschheit aktuell bedroht. Ungesehen in Ausmaß, Länge, Heftigkeit, Universalität, Schärfe und mit dem Potenzial in einer Katastrophe für zukünftige Generationen zu enden. Komplett selbst verursacht.

Wer mehr darüber erfahren möchte, kann gerne die Texte zu den Themen: was ist die aktuelle Lage des Klimawandels? Und der Klimawandel-das größte Problem der Menschheit zur Rate ziehen. Dieses Wissen bildet die Grundlage für die folgende Analyse.

Seit wann wissen wir, dass der Klimawandel existiert?

Svante Arrhenius, ein schwedischer Chemiker und Physiker, forschte zur Jahrhundertwende zur Atmosphäre und entdeckte so, wahrscheinlich als Erster, den Treibhauseffekt. Er nannte Wasserdampf sowie CO2 die Hauptverursacher dieses Effektes und rechnete damit, dass eine Verdopplung des CO2-Gehaltes in der Atmosphäre zu einer Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur um 5°C (Klimasensitivitätskonstante), ähnliche Werte, jedoch etwas niedriger, nennt auch das IPCC heute. Erste Anzeichen der Erwärmung aufgrund von Spurengasen gab es schon 1824 durch die Arbeiten von Jean-Baptiste Fourier, der heute aber eher in der Physik und Elektrotechnik für die Erfindung spezieller Integrale bekannt ist.

Mitte des 19.Jahrhunderts kann erstmals die schon länger existierende Vermutung bestätigt werden, dass die CO2-Konzentration in der Atmosphäre messbar ansteigt. Diese Messungen sind mittlerweile tausendfach überprüft. Schnell zogen WissenschaftlerInnen die Schlüsse, die noch heute „state oft the art“ sind: Die menschlichen Emissionen von Treibhausgasen werden zu einer Erwärmung der Erde führen. Erste Warnungen ergehen vom wissenschaftlichen Beirat des Präsidenten der USA, der Klimawandel könnte schlimme Folgen haben, bereits 1965. Schon betitelte Suess, ein Schweizer Forscher, dies als riesiges geophysikalisches Experiment. Seine Arbeit legte nahe, dass der Klimawandel etwas bisher Ungesehenes, die Erwärmung ging schneller vonstatten als jemals zuvor in der Erdgeschichte.

Trotzdem dauerte es mehr als ein Jahrzehnt bis 1979 die erste Weltklimakonferenz in Genf einberufen wird. Weitere würden folgen, jedoch lange fast ergebnislos. Schon zu dieser Zeit war klar, dass der Klimawandel katastrophale Folgen wie Meeresspiegelanstieg, Artensterben und Feuerstürme zur Folge haben würde. Besonders denkwürdig bleibt der verzweifelte Ausspruch eines Präsidenten eines Inselstaats, sein Land wäre ohne die gemeinsamen Anstrengungen verloren.

In den nächsten Jahrzehnten beginnt sich langsam ein Bewusstsein für das Problem zu bilden. Umweltorganisationen nehmen Klimaschutz in ihr Engagement mit auf.

1988 wird das IPCC damit beauftragt, die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel zu sammeln und daraus Handlungsempfehlungen für die Politik zu erstellen. Das tut das IPCC bis heute, vor kurzem kam sogar der 6.Sachstandsbericht heraus. Die Empfehlungen ändern sich seit dem ersten kaum: CO2-Emissionen sofort und drastisch reduzieren, weil sich die Erde erwärmt und das katastrophale Folgen hat. Näheres kann in der Zusammenfassung des 6.Sachstandsbericht nachgelesen werden. Die CO2-Emissionen sind seitdem beinahe jährlich gestiegen und die Temperatur konsequenterweise auch. Nur um dies zu illustrieren: Trotz der konsequenten Warnung von Forschenden weltweit haben sich die Emissionen seit 1990 fast verdoppelt. Wie frustrierend muss das für die Forschenden sein! Es passiert das genaue Gegenteil von dem, was notwendig ist, um die Erderwärmung zu stoppen.

In den Neunziger-Jahren beginnt die Klimakrise nach und nach mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. 1992 wird die Resolution UNFCCC, auch Klimarahmenkonvention. verabschiedet mit dem Ziel, den Klimawandel zu bekämpfen. Auch hier sind die Empfehlungen wieder unzweideutig. CO2-Reduktion durch einen Umbau der Industrie, Energie und Landwirtschaft. Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass der Klimawandel an dieser Stelle schon seit 30Jahren bekannt war. Erst dann war es möglich, eine unverbindliche Resolution zu verfassen, deren Ziele seitdem verfehlt werden. Die Unterzeichnenden des Abkommens, indem sich die Annex I-Länder (OECD-Staaten) sich verpflichteten gefährliche anthropogene Störungen des sensiblen Klimahaushalts der Erde zu begrenzen, sowie der Zugang zu klimaschonenden Technologien allen Unterzeichnerstaaten zu ermöglichen, treffen sich seitdem jährlich, um über das weitere Vorgehen zu beraten.

Besonders bekannt ist hierbei das Kyoto-Protokoll von 1997, das explizite Reduktionsziele formulierte. Jährlich sollten CO2-Emissionen um 5,2% gegenüber 1990 reduziert werden. Zahlreiche Staaten wie die USA oder Kanada traten diesem jedoch nicht bei bzw. traten noch vor Inkrafttreten 2002 aus. Entwicklungs-und Schwellenländer, wie damals China oder Indien, hatten gar keine formulierten Emissionsziele. In der EU regelte man die Reduktionsziele durch verschiedene Mechanismen. Am bekanntesten ist hierbei der Emissionshandel. Zahlreiche Staaten konnten die Reduktionsziele nur durch das Ankaufen von CO2-Zertifikaten erreichen. Oft wird kritisiert, dass diese Regelungsversuche nicht effektiv sind, u.a. weil CO2 immer noch zu billig ist. Das Koyotoprotokoll ist ausgelaufen und wird häufig als Teilerfolg gewertet. Den Hauptteil des Anwachsens der Emissionen seit den 90ern tragen Schwellenländer, welche denselben Lebensstandard wie westliche Länder erreichen wollen. Dennoch sind Industrieländer die Haupttreiber des Klimawandels. Ein weiteres Abkommen der Art von Koyoto konnte nicht erreicht werden, alle Versuche scheiterten.

Bis 2010, wo die Erwärmung der Erde immer deutlicher wurde und schneller voranschritt als zunächst gedacht, weil die Emissionen schneller stiegen als von WissenschaftlerInnen angenommen, dauerte es, sich ein angedachtes Ziel von Begrenzung der Erderwärmung auf 2°C zu überlegen. 2015 dann schaffte man es endlich, im Pariser Abkommen die Begrenzung der Erderwärmung auf weit unter 2°C, am besten 1,5°C zu fordern. Die aktuelle Lage deutet aber langfristig eher auf eine Erhöhung um 3°C gegenüber vorindustrieller Zeit hin. Unter Donald Trump stiegen die USA aus diesem Abkommen aus.

Infolge der FFF-Proteste verabschiedete die Bundesregierung ein Klimapaket, das von Forschenden als unzureichend und eine Katastrophe für das Klima betitelt wurde. Zahlreiche Kritikpunkte wie ein zu niedriger CO2-Preis, zu später Kohleausstieg etc. fanden sich. Sogar das Bundesverfassungsgericht befand dieses Gesetz als nicht ausreichend und zwang die Regierung zum Nachbessern. Auch die Nachbesserungen reichen Forschenden zufolge immer noch nicht aus, um der Verantwortung Deutschlands gerecht zu werden. Die vom DWI als mit am wichtigsten geltende Maßnahme, die CO2-Steuer, blieb beinahe unangetastet. Das bedeutet ganz klar: Unsere Erde zu zerstören bleibt attraktiv

In der restlichen EU sieht es nicht besser aus. Zwar setzte man sich 2020 das Ziel 2050 klimaneutral zu werden, jedoch wird das von vielen als viel zu wenig ambitioniertes Ziel gesehen. Eine frühere Klimaneutralität ist möglich und vor allem notwendig, um anderen, weniger entwickelten Ländern mehr Zeit zu geben, ihre Wirtschaft umzubauen.




Die Klimakrise: Seit Jahren ist dieses lästige Thema in den Medien. Es ist unangenehm, gefährlich, bedrohlich. Eigentlich möchte man sich kaum damit beschäftigen. Die schiere Übermacht der Natur scheint einen zu überwältigen, die Schreckensszenarien der Simulationen sind bedrohlich und die AktivistInnen lassen nicht locker, Klimagerechtigkeit immer und immer wieder einzufordern. Sie haben angekündigt, am 24.September, 2 Tage vor der Bundestagswahl die Klimakrise zum unumgänglichen Thema zu machen. An der Klimakrise soll niemand aus der Politik vorbeikommen. Seit drei Jahren demonstriert FfF für Klimagerechtigkeit, in Deutschland sind Hunderttausende auf den Straßen, das Bundesverfassungsgericht selbst sieht die Lebensgrundlage der jüngeren Generation bedroht. Wenn wir so weitermachen wie bisher, steuern wir auf eine Erderwärmung von über 5°C zu. Folgen: unbeschreiblich schrecklich. Selbst die selbst gesteckten Ziele der Bundesregierung, welche Jahr zu oft verfehlt wurden, reichen nicht für die Verpflichtung im Pariser Abkommen. Das ist unumstößliches Faktum. Und doch: Nichts Substanzielles ist passiert. Das darf nicht so bleiben. Wie wir in diesem Text gesehen haben, die Politik hat lange genug versagt. Es darf nicht so bleiben, wie es ist. Die Klimakrise ist keine Krise der Zukunft, sie ist jetzt schon hier. Seit Jahrzehnten ist bekannt, was uns droht. Tausendmal wurden wir gewarnt. Nichtsdestotrotz verharren die PolitikerInnen in Lethargie, im Gedanken, nichts zu tun sei besser, weil man nichts falsch machen könnte. Weiterhin wird Kohle und Erdgas gefördert, selbst gesteckte Klimaziele werden nicht eingehalten, Korruption und Lobbyismus verdrängen WissenschaftlerInnen. Doch: Was gibt es Schlimmeres als in einer Krise, die das Überleben von Millionen Menschen bedroht, nicht zu handeln?



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